Freitag, 4. Januar 2008

Alle Schwulen und Lesben sind gleich


"Mama, ich bin schwul." So steht es in großen Buchstaben auf der Titelseite des neuen stern. Und was mich vor Jahren noch dazu verleitet hätte zum Kiosk zu stürmen, löst jetzt nicht mal ein Gähnen aus. Und trotzdem schreibe ich darüber ohne auch nur in die Zeitschrift geschaut zu haben. Scheint eh nicht der Brüller zu sein, wenn man savLOG dazu liest oder The Gay Dissenter.

Ich habe mir die Mühe gemacht den Artikel auf stern.de zu lesen. Vielleicht bin ich zu lang in diesem Thema drin, aber der Artikel geht nicht tief genug, versteht die Probleme nicht und bringt kaum etwas Neues.

Bevor ich Zitate bringe, fasse ich den Artikel zusammen: Schwule und Lesben werden in Deutschland immer noch diskriminiert. Keine neue Erkenntnis.

In einem Punkt hat der Autor doch etwas verstanden.

Dabei scheint ironischerweise die Emanzipation selbst einen Beitrag zu verstärkter Homophobie zu leisten. Wo Homosexuelle sich selbstbewusst zeigen, wird latente Homofeindlichkeit angefacht und tritt erst dann offen zu Tage.
Leider bleibt er in seiner Analyse auch stehen. Möglicherweise war er zu ängstlich politisch unkorrekt zu unterscheiden was Emanzipation ist und was reine Zurschaustellung von "Gayness" ist. Also anders ausgedrückt, manche sind einfach nur schwul oder nur lesbisch. Ihre Persönlichkeit besteht nur aus ihrer Sexualität. Sie unterscheiden sich damit von all den Heterosexuellen und sind damit trotzdem eine Person von vielen, ohne jegliches Merkmal sich zu unterscheiden. Somit gibt es für viele nur noch die Schwulen und die Lesben. Für viele Menschen, die schwule und lesbische Freunde haben, spielt das gar keine Rolle mehr wen oder was sie mögen und lieben. Für sie ist wichtiger wer dieser Mensch ist an ihrer Seite. Das ist auch bei Homosexuellen so, die heterosexuelle Freunde haben und so weiter und so fort.

Der Autor hätte den Absatz auch in einem Text über Juden, über Frauen oder Behinderte einsetzen können. Es hätte gepasst. Das Problem an der Emanzipation ist, dass kein Einzelner vorgibt wie sie auszusehen hat, sondern nur eine Beschreibung ist für das Verhalten einer Gruppe. Am Anfang steht das virtuelle Ziel zu zeigen das man überhaupt da ist. "Hey, nehmt uns wahr. Wir sind Teil dieser Gesellschaft. Beschäftigt euch mit uns." Das haben Homosexuelle zum Beispiel mit CSDs gemacht und machen es immer noch. Aber warum sollten die Menschen Schwule und Lesben deshalb akzeptieren?

Rund zwei Drittel der Bevölkerung befürworten die "Homo-Ehe", schwule Männer gelten als kaufkräftige Trendsetter, und der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt hat es nicht zuletzt durch sein Coming-out zu enormer Beliebtheit gebracht. Alljährlich berichten öffentlich-rechtliche Sender freundlich von der öffentlichen Jahreshauptversammlung der Homosexuellem, dem Christopher Street Day.
Die Dinge, die der Autor in seinem Artikel benennt, sind nicht falsch, aber ein Sinnbild dafür, was falsch läuft. Warum wird die Homo-Ehe befürwortet? Weil sie der heterosexuellen Ehe so nahe kommt und 'so schlimm ist das eigentlich nicht', denken da viele. Schwule Männer gelten als kaufkräftige Trendsetter - das hören wir seit Jahren und ist ein Klischee. Wowereit ist nicht durch sein Coming-out beliebter geworden, höchstens bekannter. Entscheidend ist nicht seine Homosexualität, sondern seine Arbeit... Und seit wann ist der Christopher Street Day die Jahreshauptversammlung der Homosexuellen?

Was ich damit sagen will. In all dem steckt das Bild eines Einheitsbreis. Alle Schwulen und Lesben sind gleich. Und genau da steckt schon die Diskriminierung. Sie sind eben nicht gleich. Es gibt schwule Politiker, die gut arbeiten oder eben schlecht. Es gibt arme Homosexuelle, die selbst mit Hartz IV kaum durchs Leben kommen, die andere Probleme haben als die neueste Kollektion von Prada und Louis Vuitton und es gibt sehr viele Homosexuelle, die den Christopher Street Day mittlerweile als Grund dafür sehen, dass Heterosexuelle uns als fröhliches, buntes und verweichlichtes Völkchen sieht, das beim Sex irgendwie lockerer ist.

All das hat der Autor in seinem Artikel nicht erkannt. Stattdessen bemängelt er, dass "viele Lehrer gerne mal mit lachen, wenn ein Schwulenwitz gemacht wird." Über jeden und alles werden Witze gemacht. Schlimm, wenn wir nicht mehr über Blondinenwitze oder Ostfriesenwitze lachen dürften.

Er hat recht damit, dass an Schulen mehr aufgeklärt werden muss, aber nicht nur über Homosexuelle. Der Ansatz muss viel früher erfolgen. Viele Kinder haben keinen Respekt vor dem Anderssein. Wir müssen ihnen klar machen, dass jeder Mensch anders ist und das es gut ist. Dann spielt es kaum eine Rolle ob jemand eine andere Religion hat, eine andere Sexualität oder einfach eine andere Meinung.

2 Kommentare:

The Gay Dissenter hat gesagt…

Es ist halt ein Artikel aus dem Stern, da darf 'Mann' nicht zu viel erwarten - solche oberflächlichen Schreibereien müssen 'wir' in unseren Blogs noch ein bisserl aufbereiten - oder verwerfen!

Anonym hat gesagt…

Es ist zu hoffen, dass der Autor des Stern-Artikels, Deinen wirklich guten und kritischen Beitrag dazu zu lesen bekommt.